Mord statt Totschlag? Prozess könnte neu aufgerollt werden

13.04.2021 | Stand 14.04.2021, 23:20 Uhr

Arne Dedert/dpa/Symbolbild

Zwölf Jahre Haft wegen Totschlags lautete das Urteil gegen einen jungen Mann aus Niederbayern, der seine Ex-Freundin getötet hat. Nun droht ihm ein neuer Prozess. Das Urteil könnte dann Mord lauten.

Der Passauer Prozess um den gewaltsamen Tod einer jungen Mutter aus dem niederbayerischen Freyung könnte neu aufgerollt werden - möglicherweise mit einem schärferen Urteil. Die Strafkammer des Landgerichtes Deggendorf habe den Ende 2020 von der dortigen Staatsanwaltschaft gestellten Wiederaufnahmeantrag für zulässig erklärt, teilte ein Justizsprecher am Dienstag mit. Die Staatsanwaltschaft geht aufgrund neuer Erkenntnisse davon aus, dass es sich bei der Tat um Mord statt um Totschlag handeln könnte. Zwei Zeugen hatten 2017 bewusst falsch zugunsten des Angeklagten ausgesagt, dafür wurden sie 2019 rechtskräftig verurteilt.

Der Ex-Freund des Opfers war im November 2017 vor dem Landgericht Passau wegen Totschlags zu zwölf Jahren Haft verurteilt worden verurteilt worden. Die Staatsanwaltschaft hatte damals auf Mord oder Totschlag in einem besonders schweren Fall plädiert und eine lebenslange Haftstrafe gefordert. Nun muss das Landgericht Deggendorf entscheiden, ob der Wiederaufnahmeantrag begründet ist und ob dem Mann erneut ein Prozess gemacht wird.

Der verurteilte Ex-Freund hatte in dem Prozess gestanden, im Oktober 2016 die damals 20-jährige Mutter seines Sohnes nach einem Streit erstochen zu haben. Anschließend versteckte er die Tote in einem Plastiksack in der Wohnung und flüchtete mit dem Kind nach Spanien. Ob er die Frau im Schlaf tötete, blieb im Prozess ungeklärt.

Zwei Jahre nach dem Urteil korrigierte ein Freund des Täters vor dem Amtsgericht Passau seine Aussage, die er als Zeuge in dem Prozess gemacht hatte. Damals hatte er angegeben, sein ehemals bester Freund habe mit ihm nicht über die Tat gesprochen. Seiner Freundin hatte der Zeuge aber berichtet, sein Freund habe ihm gegenüber mit der Tat geprahlt. Auch die Freundin sagte das als Zeugin im Prozess nicht.

Vor dem Amtsgericht Passau, sagte der Mann dann 2019, der Freund habe ihm kurz nach der Tat erzählt, dass er die Frau erstochen habe während sie schlief. Das wäre aus Sicht der Staatsanwaltschaft ein Fall von Heimtücke gewesen und könnte somit als Mord gewertet werden. Eifersucht als Tatmotiv würde zudem niedere Beweggründe bedeuten. Beide Zeugen wurden dem Sprecher nach für ihre falschen Angaben inzwischen rechtskräftig verurteilt.

Sollte das Landgericht Deggendorf den Wiederaufnahmeantrag für begründet halten, würde es eine neue Hauptverhandlung gegen den Verurteilten geben. Wiederaufnahmeverfahren finden nicht vor dem Gericht des Ersturteiles statt, in diesem Fall ist das Landgericht Deggendorf zuständig. Wiederaufnahmeverfahren gelten als sehr selten. Die Hürden für einen neuen Prozess zu Ungunsten des Verurteilten - die sogenannte Verböserung - sind zudem höher als die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme, der ein abgemildertes Urteil folgen könnte.