Ermittlungen
Immer mehr Beschuldigte in der Regensburger Spenden-Affäre

15.11.2017 | Stand 13.09.2023, 1:57 Uhr
−Foto: Foto: Archiv/Immobilienzentrum

Wieder gibt es eine Verhaftung in der „Spendenaffäre“ – doch warum jetzt? Reicht es aus, wenn eine Bonuszahlung als Verdunkelungsgefahr gewertet wird?

REGENSBURG Er ist ein vollendeter Gentleman, immer braun gebrannt, schlohweißes, sauber geschnittenes Haar, feinster Anzug: Thomas D., Vorstand beim Immobilienzentrum und Mitbeschuldigter in der Spenden-Affäre, sitzt seit 6. November in Untersuchungshaft. Seitdem rätselt Regensburg: Wie kann es sein, dass nach eineinhalb Jahren Ermittlungen plötzlich ein Haftbefehl vollzogen wird?

Die Regensburger Staatsanwaltschaft hat nach eigenen Angaben im Laufe des Oktobers von einer Verdunkelungstat erfahren, die D. begangen haben soll. Am 2. November stellte sie Antrag auf einen Haftbefehl, der am 6. November von einem Haftrichter erlassen wurde. Erst als der Korrespondent der Süddeutschen Zeitung in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch, 7. auf 8. November, per Twitter von einer neuerlichen Verhaftung sprach, unterrichtete man am 8. November die Medien. Doch in der Pressemitteilung hieß es, der Haftbefehl wurde „heute“ erlassen. Lag die Pressemitteilung so lange auf Halde?

Zudem heißt es in der Pressemitteilung, der jetzt Verhaftete habe „im Laufe des Jahres“ auf einen Beschuldigten eingewirkt. Wir haben die Staatsanwaltschaft gefragt, was damit gemeint ist: Anfang des Jahres? Ende des Jahres? Pressesprecher Theo Ziegler verweist auf ermittlungstaktische Gründe, aber auch auf die „Persönlichkeitsrechtlichen Belange“, warum er diese Frage nicht beantworten kann.

Aus Anwaltskreisen hat das Wochenblatt erfahren, dass es bei dem Mitbeschuldigten lediglich um Beihilfe zur Stückelung von Spenden gehen soll. Es ging wohl um eine Person, die Banküberweisungen tätigte. Eine Bonuszahlung sei nun als Verdunkelung gewertet worden.

Schutzgebiet: „Bebauung wohlwollend prüfen“

Bei den Vorwürfen geht es um ein Baugebiet, das bisher gar keines ist. Das Areal heißt „Auf der Platte“, ist in der Nähe des Cowboyclubs in Ziegetsdorf, es handelt sich um Landschaftsschutzgebiet. Aus politischen Kreisen vernahm das Wochenblatt, dass dort keinerlei Baurecht besteht. Doch eine Hamburger Bank kaufte aus einer Insolvenzmasse eine Villa und wollte im Umfeld ein paar Reihenhäuser bauen. D. habe zugesagt, dem nicht widersprechen zu wollen, wenn er dafür auch ein paar Reihenhäuser bauen dürfe. Der suspendierte Oberbürgermeister Joachim Wolbergs soll damals Baureferentin Christine Schimpfermann gebeten haben, das „wohlwollend zu prüfen“. Dabei ging es offenbar darum, eine Satzung zu erlassen, die Bebauung auf dem Areal erlaubt hätte. Das wurde D. jetzt zum Verhängnis, denn die Ermittler stießen bei den Beschlagnahmungen wohl auf die Bonuszahlung, die nun als Schweigegeld bewertet wird.

Zweites Baugebiet ist in der Tat der Brandlberg. Dort geht es darum, dass mehr Wohnungen gebaut wurden als zunächst angegeben. Wolbergs hatte die Baugenehmigung am 18. Juli 2016 unterschrieben. Medien berichten derzeit, die Zahl der separaten Wohneinheiten habe sich von etwa 200 auf mehr als 500 mehr als verdoppelt. Immobilien-Experten sagen, entscheidend ist allein die Zahl von genehmigten Stockwerken in Relation zu Quadratmetern. Und da habe es keine Vergünstigungen für das Immobilienzentrum gegeben. Dennoch führt die Staatsanwaltschaft dies als Tatverdacht ins Feld. Klar ist durch die Verhaftung: Auf den suspendierten Wolbergs wird nicht nur das Verfahren in Sachen Bauteam Tretzel wegen der Nibelungenkaserne zukommen. Nach dem Bericht der Kripo in Sachen Lago A3, einer Halle, wegen der gegen den Bauträger Schmack ermittelt wird, ist ebenso mit einer Anklage zu rechnen wie im Fall IZ. Die Staatsanwaltschaft hat kürzlich auch Fehler zugegeben. Gegenüber der SZ räumte Ziegler ein, dass es angesichts der schieren Menge von abgehörten Gesprächen etwa Privatgespräche versehentlich nicht gelöscht wurden. Es könne sein, dass „mal ein Telefonat durchrutscht, das eigentlich gelöscht werden sollte. Ich will das aber nicht schön reden, das darf nicht sein“, sagte Ziegler der SZ.

Regensburg